Eine Drucksache muss eine Botschaft an den Empfänger herantragen. Tut sie das, macht das allen Freude! Tut sie das nicht, geht die Botschaft unter. Sang- und klanglos.
Wer freue sich nicht über Post, die schön eingepackt aus dem Briefkasten schaue, die persönlich adressiert danach verlange, gleich geöffnet zu werden. Und wenn sich dann beim Herausfischen des Inhalts noch ein angenehmer Geruch frischer Druckfarbe verbreite … und beim ersten Durchblättern einer wertig anmutenden Drucksache eine verlockende Botschaft Begehrlichkeiten wecke, dann, ja dann sei die Post angekommen – im wahrsten Sinn des Wortes – Post, die der Absender bedachtsam zusammengestellt und verschickt habe, Post, auf die sich ein Empfänger immer wieder freue. Das sei Werbung, so wie sie sein solle. Im digitalen Zeitalter habe die physische Post wieder an Wertigkeit gewonnen, so Erich Gall.
Ein Gespräch mit Erich Gall in 2017, Produktionsleiter n c ag Urdorf – Thomas Gysin
Nur eine Drucksache, die eine Botschaft an Kunden zu überbringen vermöge, sei eine gute Drucksache. Schaffe sie das, sei es eine lohnenswerte Investition, schaffe sie es nicht, habe man eine Menge Geld in den Sand gesetzt und sich selbst und anderen Ärger bereitet. Als Produktionsleiter weiss Erich Gall nur zu gut: Der Grat auf dem Weg zum Erfolg ist schmal, die Fehlerquellen bei jedem einzelnen Produktionsschritt latent vorhanden. Angst brauche man allerdings keine zu haben. Das Risiko liesse sich auf ein Minimum reduzieren, wenn man von Beginn an richtig plane, die einzelnen Schritte sorgfältig koordiniere und die gesamte Produktion pingelig genau bis zum Schluss begleite.
Spezialisten haben den Generalisten abgelöst
Mit dem rasanten Fortschritt der Technologien und der Digitalisierung in den letzten zwanzig Jahren habe sich der früher homogene Produktionsablauf in viele einzelne und hoch spezialisierte Dienstleistungsschritte aufgesplittet. Damit hätten sich zwar mehr neue Möglichkeiten aufgetan, aber es habe auch nach Fachkräften verlangt, deren Wissen sich nur noch auf ihr eigenes Gebiet fokussiere. Der Generalist sei sozusagen abgeschafft worden. Als Verantwortlicher eines Auftrags sei man allerdings ein Generalunternehmer, der jeden Produktionsschritt verstehen müsse. Man habe die Aufgabe, die einzelnen Arbeitsschritte der Spezialisten zeitlich exakt zu koordinieren. Dazu sei man gewissermassen auch Dolmetscher zwischen den Spezialisten, müsse erklären können, warum eine vorangegangene Arbeit so und nicht anders habe aufbereitet werden müssen, und ebenso wie der nachfolgende Arbeitsprozess optimalerweise ablaufe. Jeder Auftrag verlange nach einer absolut reibungslosen Abwicklung, ohne Qualitätseinbusse, ohne Zeitverlust und ohne Kostenüberschreitung … Letzteres ohnehin nicht, die Welt von heute kenne da keinen Spielraum mehr.
In der Pflicht eines Treuhänders
Mit der Abgabe einer Offerte stehe man bereits in der Verantwortung, mit der Auftragsbestätigung schliesslich definitiv in der Pflicht: Qualität, Termin und Preis eines Auftrags seien klar definiert. Als Produktionsleiter habe man nicht nur die technische Verantwortung für ein Produkt und die klar geregelte Terminierung der Ablieferung, man müsse ebenso für das Budget geradestehen. Mit anderen Worten, man habe eine anvertraute Kostensumme treuhänderisch zu verwalten, eine Summe, die kaum Spielraum enthalte, diese Summe sei ein fest vereinbarter Preis, der nicht überschritten werden dürfe.
Zwischen Hammer und Amboss: Termindruck von zwei Seiten
Mit dem Fortschritt der Technik hätten sich das Produktionstempo massiv erhöht und die Termine erheblich verkürzt. Was Kunden freue, sei für die Arbeitsprozesse zum zweischneidigen Schwert geworden: Denn die neue Technologie sei ja nicht billiger geworden. Wer diese immer auf dem modernsten Stand halten wolle, bezahle hohe Investitionskosten, die wieder amortisiert werden müssen. So komme es, dass zum Beispiel Druckmaschinen praktisch nicht mehr zum Stillstand kommen dürfen, man müsse sie, um kostengünstig zu bleiben und mit der Konkurrenz mithalten zu können, zwei-, manchmal sogar dreischichtig auslasten. Für den Produktionsleiter eines Auftrags heisse das, sich an diese Spielregeln zu halten. Gerade bei Millionenauflagen müssten Produktionsstrassen im Voraus gebucht und im vorgesehenen Zeitfenster genutzt werden. Würde ein Auftrag nicht zum entsprechenden Zeitraum parat sein, könne das teuer werden. Da befinde sich ein Produktionsleiter oft zwischen Hammer und Amboss! Man sei zwar durch die heute kurzen Produktionstermine verwöhnt, müsse aber bereits bei einer Auftragserteilung mit einem sorgfältig berechneten Timing planen. Vielfach unterschätze man notwendige Arbeitsschritte in der Vorstufe, zum Beispiel für ein Gut zum Druck, das oft auch mehrsprachig zu erfolgen habe und erst im zweiten oder dritten Durchgang klappe. Dasselbe gelte auch für eine Papierbestellung. Bei Grossauflagen müsse ein Papier in der Menge von mehreren Tonnen zuerst produziert werden – das werde oft vergessen!
Die stille Freude an einem guten Resultat
Zeit habe ein Produktionsleiter eigentlich nie, schon gar nicht zum Feiern. Trotzdem: Auf den Tag, an dem eine Drucksache ausgeliefert werde, freue sich ein Produktionsverantwortlicher besonders. Wenn man das fertige Werk in Händen halte, minutiös nochmals alle technischen Details prüfe, wenn man sich erfreue an der Wertigkeit des Papiers, der Druckqualität und der Genauigkeit, mit der in der Ausrüsterei gearbeitet worden sei … und schliesslich, wenn der Termin bis zuletzt eingehalten und das Budget nicht überschritten worden sei. Das dürfe dann schon gefeiert werden – ein bisschen.
Erich Gall, Produktionsleiter
Erich Gall zeichnet bei der n c ag seit 2004 als Produktionsleiter für die Technik verantwortlich und ist ebenso Kundenberater. Erich Gall war in allen Produktionsbereichen tätig, kennt die technischen Abläufe und Möglichkeiten im gesamten PrePress-Bereich und im Druckwesen und hat die hochkomplexe Entwicklung der letzten 40 Jahre vom analogen in das digitale Zeitalter Schritt für Schritt mitgemacht. In der n c ag schätzt er das harmonische Miteinander im Team – man ziehe am selben Strick und sei jederzeit für den anderen da. Erich Gall ist Vater von zwei Töchtern, liebt die ursprüngliche und einfache italienische Küche, die der Nonna, oder ein Barbecue mit Freunden – und er ist, wie auch seine Frau, leidenschaftlicher Harleyfahrer.