Der digitale Workflow trennt und verbindet
Über technische Neuerungen in der Medienproduktion wird viel geschrieben. Für die einen bleibt sie weiterhin ein Handwerk für Spezialisten, für die anderen ist der Produktions-Workflow alltäglich geworden. Die Zusammenarbeit in der Medienproduktion verändert sich.
Ein Bericht der Marketing & Kommunikation, Juli 2017– Hannes Zaugg
Früher wurden hauptsächlich Drucksachen erstellt und dies in analoger Weise. Das heisst, es waren viele Teilschritte nötig, die nur von speziell geschulten Fachkräften ausgeführt werden konnten, beispielsweise das Ausschiessen von Druckbögen, das war Sache des Offsetmonteurs, der speziell dafür eine Lehre machte. Dies hat sich mit der Digitalisierung komplett geändert, der Arbeitsfluss ist einfacher und damit übersichtlicher geworden, die (digitalen) Text-, Bild- oder Grafikteile, sogenannte Media-Assets, lassen sich automatisch von einem Schritt zum nächsten spedieren, so wird das Ausschiessen der Druckbögen heute in der Regel durch eine Software vorgenommen. Mit dem Einzug der IT lässt sich die Medienproduktion über den Computer steuern und viele Arbeitsschritte gar automatisieren. Der Arbeitsablauf wird damit übersichtlicher und offener. Nicht mehr einzelne Handgriffe und das geübte Auge sind für das Gelingen allein ausschlaggebend, sondern wer über gute Informatikkenntnisse verfügt, kann den Rest (rasch) lernen. Deshalb werden heute ebenso viele Medienproduktioner ausserhalb der grafischen Branche ausgebildet (beispielsweise als Publisher Basic von der Migros-Klubschule) wie in klassischen Druckbetrieben.
Multimedial produzieren
Dazu kommt, dass die Vorlagenerstellung ganz oder teilweise für andere Medien verwendet werden kann, aus der Druckvorlage lässt sich (meistens) mit wenig Aufwand eine Website erstellen oder gar ein Mobile Device kreieren und umgekehrt. Der Desktop-Publisher, der vor allem Printvorlagen erstellt, ist ein naher Verwandter des Web-Publishers, der Webseiten gestaltet. Und beide arbeiten mit den gleichen oder ähnlichen Programmen an denselben Bildschirmen.
Dass die Medienproduktion multimedialer geworden ist, zeigt sich auch bei den Media-Assets, die für verschiedene Medien verwendet werden können. Ein wichtiger Fakt, denn diese Möglichkeit enthält ein grosses Sparpotenzial, dass die Auftraggeber vermehrt nutzen wollen. Die Kommunikationskosten sind wegen der vielen Medienmöglichkeiten stark gestiegen; jede Gelegenheit, das Kostenwachstum zu zügeln, wird gerne und sofort genutzt. So werden die Datenbanken mit den Media-Assets vermehrt selbst betrieben und immer mehr Werbe-Auftraggeber schaffen sich Kommunikationssysteme an, die vom Konzept über die Planung bis zur Ausführung alles beinhalten, auch ein effizientes Media-Asset-Management-Tool. Damit greifen sie verstärkt auch in den Produktionsprozess ein …
Mehrarbeit durch Strategiewechsel
Doch genug der Theorie, lassen wir einige Praktiker zu Wort kommen, die die Digitalisierung hautnah erleben und tagtäglich mit Kunden zusammenarbeiten, die aktiv in die Medienproduktion eingreifen. Wie beurteilen sie diesen Wandel, wo sehen sie Vorteile, was müsste und könnte in der Zusammenarbeit bei der Medienproduktion noch verbessert werden?
Othmar Krienbühl, Mitinhaber der Linkgroup (Zürich), verweist auf den Strategiewechsel, der bei vielen Kunden feststellbar ist und die Zusammenarbeit in wesentlicher Weise verändert. War bisher «Print first» die Devise, so wechseln immer mehr Auftraggeber zu «Online first». Um Medien auch künftig so effektiv und weiterhin effizient zu produzieren, ist ein professionelles Projektmanagement gefordert.
Das sieht Mike Spoerri, COO bei der n c ag in Urdorf, ähnlich, für ihn sind es weniger die unterschiedlichen Kenntnisse oder Erfahrungen, die Probleme bieten, als vielmehr die Aufgaben, die komplexer geworden sind. Deshalb wird vor allem bei Grossfirmen den Methoden manchmal mehr Bedeutung zugemessen als dem Inhalt. René Rötheli von Köpflipartners (Neuenhof) ergänzt, dass Aufgaben, die dank moderner Technik einfach erscheinen, in Wirklichkeit anspruchsvoller geworden sind, etwa das in der Datenbank hinterlegte Bild, das zuerst in der Firmenbroschüre verwendet wurde und nun auch für die Website gebraucht wird. Dass dabei verschiedene Datenformate, Bildprofile und Mindestauflösungen nötig sind, sieht der Kunde meistens nicht. Mike Spoerri verdeutlicht dies mit dem Beispiel von mehrseitigen Produkten, die falsch aufgebaut werden, weil die verkürzten Seiten nicht richtig berücksichtigt wurden. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass René Rötheli sich immer wieder fragt, ob sie eine gute Qualität sowie einen optimalen Ablauf gewährleisten können, wenn der Kunde weitere Arbeiten selbst ausführt.
Technische Hilfen für optimalen Ablauf
Sein Rezept heisst Templates. Köpflipartners hat sich zum Ziel gesetzt, den Kunden solche spezifischen Hilfen anzubieten, die beiden die Arbeit vereinfachen und dem Lieferanten die volle Kontrolle ermöglichen. Bei der Linkgroup sind es von ihnen konfigurierte Publishing-Plattformen, die vor allem im Financial Publishing sowie im Corporate Publishing eingesetzt werden. Die n c ag will sich hauptsächlich als Generalunternehmer für Softwarelösungen in der Medienproduktion profilieren. Weil so die gesamte Arbeit rund um die Erstellung bei ihnen liegt, können sie auch die volle Verantwortung übernehmen, dass die Medien richtig genutzt werden.
Alle sind sich einig, dass nur durch eine professionelle Beratung eine optimale Zusammenarbeit gefunden werden kann. Die richtige Technik allein genügt nicht, es braucht die spezifische Anpassung an die Bedürfnisse der Auftraggeber, die in jedem Fall wieder anders gelagert sind.